Zum Furiosen Faultier: Klein- und Großschreibung von Adjektiven (dddj-Tutorial #4)

„furios“ ist ein Adjektiv, das schreibt man doch klein?! Grundsätzlich schon. Aber wenn man sich zum Abendessen in der Kneipe „Zum Furiosen Faultier“ verabredet, dann kann „furios“ auch großgeschrieben werden.
Zur Klein- und Großschreibung von Adjektiven gibt es ein paar Regeln. Und zu diesen Regeln gibt es ein paar Ausnahmen. Sprich: Es ist ein wenig kompliziert. Mit diesem dddj-Tutorial wollen wir Ihnen eine Orientierungshilfe an die Hand geben, damit Sie sich das nächste Mal leichtertun, wenn Sie vor der Frage stehen: „Schreibe ich das Adjektiv jetzt groß oder klein?“
Adjektive sind Wie-Wörter, also Wörter, die dazu dienen, Lebewesen, Dinge, Tätigkeiten, Zustände, Vorgänge usw. genauer zu charakterisieren. Man spricht von einem „grünen Blatt“, einer „schönen Melodie“, einem „freundlichen Menschen“ etc. Wie ist das Blatt, wie ist die Melodie, wie ist der Mensch? Auf diese Wie-Fragen antworten Adjektive. Im Allgemeinen werden Adjektive kleingeschrieben.

Substantivierte Adjektive: „das Schöne“
Adjektive können aber auch in substantivierter Form verwendet werden. Substantive sind Wörter, die Lebewesen, Dinge, Tätigkeiten usw. direkt bezeichnen. Sie werden großgeschrieben: „Blatt“, „Melodie“, „Mensch“. Auch Adjektive können diese Funktion übernehmen. „Der Alte sprach in Rätseln.“ „Wir wohnen im Grünen.“ „Ich begeistere mich für alles Schöne.“ Dass ein Adjektiv in substantivierter Form verwendet wird, erkennt man daran, dass ein Artikel („der“, „im“ = in dem) oder ein Pronomen („alles“) davorsteht.Substantivierte Adjektive werden grundsätzlich großgeschrieben.
Hier gibt es allerdings einen Stolperstein, also bestimmte Fälle, in denen es anders funktioniert. „Auf dem Tisch stehen drei Vasen. Die grüne gefällt mir besser als die zwei anderen.“ „Die grüne“ bezieht sich auf die „drei Vasen“ im ersten Satz. In solchen Fällen, wenn sich ein Adjektiv direkt auf ein vorhergehendes oder folgendes Substantiv bezieht, bleibt das Adjektiv klein.

Superlative: am besten
Adjektive können gesteigert werden: alt – älter – am ältesten. Die letzte der drei Formen – „am ältesten“ – nennt man Superlativ. Viele Leute rätseln hier und fragen: „Ist das denn nicht ein substantiviertes Adjektiv (,am‘ = an dem) und müsste es nicht dementsprechend großgeschrieben werden?“ Die Antwort lautet Nein. Denn das Adjektiv ist hier nicht substantiviert, sondern tritt lediglich in einer speziellen Form auf, nämlich eben im Superlativ. Das wird auch deutlich, wenn man sich ansieht, welche Funktion diese Formulierung ausübt. Es ist die normale Funktion des Adjektivs, die darin besteht, einen Gegenstand oder einen Vorgang genauer zu charakterisieren – eben zu beschreiben, wie er ist: „Von den drei Vasen war die grüne am schönsten.“
Eigennamen: Zum Furiosen Faultier
Kehren wir nun zu dem Beispiel im Titel unseres Blogposts zurück: „Zum Furiosen Faultier“. Hier beschreibt das Adjektiv doch genauso einen Gegenstand, ein Lebewesen genauer, warum kann man hier „furios“ dennoch großschreiben? Das ist dann der Fall, wenn es sich um einen Eigennamen handelt. Eigennamen können Personen oder Tiere bezeichnen: „Carina“, „Thomas“, „unser Hund Struppi“. Eigennamen können aber noch andere Dinge bezeichnen, beispielsweise Orte wie Gasthäuser, geografische Orte oder einzelne Institutionen oder sogar historische Ereignisse.
Wenn nun ein Adjektiv Teil eines Eigennamens ist, dann kann – und in vielen Fällen sollte – es großgeschrieben werden. Ein Gasthaus kann so den Namen „Zum Furiosen Faultier“, eine bestimmte Universität in Graz den Namen „Technische Universität Graz“, eine Region in der Steiermark den Namen „Oberes Murtal“ und ein historisches Ereignis den Namen „Französische Revolution“ tragen.
Eigennamen kann man von sogenannten Gattungsnamen unterscheiden. Während ein Eigenname einem ganz spezifischen Gegenstand oder einem einzelnen Lebewesen oder einer einzelnen Institution etc. zugeordnet ist („Struppi“), dienen Gattungsnamen dazu, mehrere Dinge, die sich in einer gewissen Hinsicht ähnlich sind, unter einem Begriff zusammenzufassen: „der Hund“, „das Haus“, „das Schiff“, „der Planet“. Adjektive werden in Eigennamen in den meisten Fällen großgeschrieben. Im Gegensatz dazu werden Adjektive in Gattungsnamen tendenziell kleingeschrieben. Das erklärt, warum man von der „Technischen Universität Graz“ schreibt, jedoch von den „technischen Universitäten in Österreich“.

Fachwörter und andere feste Fügungen: über schwarze Löcher und Neue Medien
Manche Wortkombinationen bilden feste Fügungen, das heißt, sie tauchen immer wieder in derselben Form auf und sind zu einem eigenen Begriff geworden. Denken Sie nur an die sozialen Medien, die künstliche Intelligenz, an einen offenen Brief, an den roten Faden eines Textes. Wenn man diese Ausdrücke verwendet, meint man nicht, dass diese Medien besonders sozial wären, und man denkt auch nicht an rote Wolle. Diese Wortkombinationen haben eine neue, eigene Bedeutung angenommen. Recht häufig ist dieses Phänomen auch in Fachsprachen: Man kennt schwarze Löcher aus dem Bereich der Astronomie, das autogene Schweißen aus dem Bereich der Metallverarbeitung und die kognitive Dissonanz aus der Psychologie. Wie im vorigen Abschnitt angesprochen, werden Adjektive in Gattungsnamen – und um solche handelt es sich ja auch bei diesen Fügungen – im Allgemeinen kleingeschrieben. Doch hier zeigt der Baum der Rechtschreibregeln, an dem unser furioses Faultier hängt, sehr viele Verästelungen. Denn zu dieser Grundregel gibt es viele Ausnahmen. Manche dieser Ausnahmen sind wiederum selbst in allgemeine Regeln gefasst. So werden etwa Adjektive, die Teil des Namens von Tier- und Pflanzengattungen sind, generell großgeschrieben: „Rote Bete“, „Afrikanischer Elefant“. Andere Ausnahmen sind nicht allgemein geregelt, sondern betreffen einzelne Begriffe: Der Duden empfiehlt etwa, „Multiple Sklerose“ großzuschreiben. Das gilt jedoch nicht für alle medizinischen Begriffe, denn das „maligne Melanom“ wird kleingeschrieben. Solche Ausnahmen gibt es auch im Bereich der Alltagssprache. So bevorzugt der Duden die „Rote Karte“ und „Erste Hilfe“. Auch die „Neuen Medien“ sieht er lieber groß.
Was tun?
Wie soll man in solchen Fällen aber eine Entscheidung treffen?
Eine erste Anlaufstelle kann der Online-Duden sein. Hier werden nämlich viele dieser Begriffe ausdrücklich angeführt, und es wird eine Empfehlung gegeben, ob sie besser groß- oder kleingeschrieben werden. Die Fügungen finden sich dabei meist nicht als eigener Eintrag, sondern sind einem der beiden Wörter, aus denen sie zusammengesetzt sind, zugeordnet. So finden Sie etwa die „Neuen Medien“ unter dem Stichwort „neu“.
Findet sich das Stichwort nicht im Online-Duden, treffen Sie selbst eine Entscheidung. Zur Orientierung können Sie sich vor Augen halten, dass Adjektive in solchen Fügungen tendenziell kleingeschrieben werden. Es braucht also einen guten Grund, den Begriff großzuschreiben. Ein solcher Grund kann sein, dass der Ausdruck sonst leicht missverständlich wäre. Das dürfte den Duden auch dazu bewegt haben, etwa dafür zu plädieren, „Erste Hilfe“ großzuschreiben. Gemeint ist damit nämlich ganz spezifisch die Erstversorgung bei einer Verletzung, einem Unfall etc. – und nicht etwa der erste Handgriff des Sohnes, der beim Ausräumen des Geschirrspülers hilft. In gleicher Weise kann man argumentieren, dass es sinnvoll ist, das spezifische Feld der Sozialen Arbeit großzuschreiben.

Wir hoffen, dass wir die eine oder andere Frage, die Sie in Bezug auf die Klein- und Großschreibung von Adjektiven haben, beantworten konnten.
Wenn Sie uns mit einem Korrektorat oder einem Lektorat beauftragen und sich für die sprachlichen Hintergründe unserer Korrekturen interessieren, fragen Sie uns! Die Feinheiten der deutschen Sprache faszinieren uns, und wir freuen uns, wenn wir sie Ihnen näherbringen dürfen.
Wir wünschen frohes Schaffen!
